Am 22.11.2019 besuchten die Studierenden der Teil- und Vollzeitklassen der Fachschule für Technik zusammen mit ihren Lehrkräften Frau Röpke und Frau Fuhrmann-Niesen die Ford-Werke in Köln-Niehl. Dieser Besuch findet jährlich im Rahmen des Unterrichtsfaches „Betriebliches Management“ statt und dient dazu, den Studierenden einen genauen Einblick in die Serienfertigung eines Fahrzeuges zu geben und aufzuzeigen, welche Arbeits-, Produktions- und Planungsschritte zur Auslieferung eines fertigen Autos führen.

Nach der freundlichen Begrüßung durch den Leiter des Besucherzentrums startete die Fahrt im betriebseigenen Besucherzug an Tor 3. Von dort aus fuhren die Studierenden zuerst zum Gedenkstein Henry Fords, der sich direkt am Rheinufer und gegenüber von der denkmalgeschützten Halle A befindet, in der die Produktion des Ford A-Modells im Jahre 1931 nach der Eröffnung des Werks begann. Henry Ford hatte zuvor 1925 ein Werk in Berlin eröffnet, woraufhin sich sechs Jahre später die Möglichkeit ergab, an den Standort Köln zu ziehen. Unterstützt durch den damaligen Bürgermeister Kölns, Konrad Adenauer, und aufgrund der sehr guten Verkehrsanbindung direkt am Rhein, siedelte man in das heutige 2,4 Quadratkilometer große Werk, in dem nach aktuellen Stand etwa 16.000 Beschäftigte für die Fertigstellung und Auslieferung des Ford Fiesta verantwortlich sind. Dieses Modell wird als einziges und nur „on demand“, also nach Kundenauftrag, im Kölner Werk gefertigt.

Die Fahrt entlang des Rheinufers führte die angehenden Techniker*innen in die Fertigungshalle, in der die Bleche, die als Halbzeuge zum Unternehmen geliefert werden, durch Pressen und Schweißen weiterverarbeitet werden. Die Bleche von lediglich 0,7 Millimetern Dicke werden entweder auf einer der drei Dreiachspressen mit jeweils 3000 Tonnen Pressdruck oder in den Presslinien, in denen mehrere kleinere Pressen gemäß dem Fließprinzip angeordnet sind, verarbeitet. Die dabei entstehenden Blechreste werden zentral gesammelt, abtransportiert und beim Zulieferer wieder eingeschmolzen, sodass sie wiederverwendet werden können. Während der Fahrt durch das Presswerk fiel den Studierenden auf, wie stark die Produktion automatisiert ist. Nur an wenigen Stationen sieht man noch Mitarbeiter, denn alleine in der Fertigung werden über 1000 Roboter eingesetzt, um Bleche einzulegen, zu entnehmen, zu verschweißen und sonstige Prozesse durchzuführen. Durch den Einsatz von Robotern kann die Produktion zum einen enorm beschleunigt werden, zum anderen dient er aber auch dem Schutz der Mitarbeiter, die nicht mehr der enormen Geräuschkulisse und möglichen Verletzungen durch die kraftvollen Pressen ausgesetzt sind.

Nachdem die Bleche in die geforderte Form gepresst wurden, werden diese auf zwei parallel ablaufenden Fertigungsstraßen durch Schweißen und Verschrauben weiterverarbeitet. Auf diesen werden sowohl Drei- als auch Fünftürer hergestellt, sodass sich die Fertigungsstraßen nicht in der Art des Modells unterscheiden, sondern lediglich zur Beschleunigung der Produktion dienen. Die perfekt aufeinander abgestimmte Serienproduktion ist auch durch ein durchgeplantes Transportsystem geprägt, das auf der rechten und linken Seite sowie über dem Besucherzug die halbfertigen Karosserien von Station zu Station transportiert. Der starke Geruch von Schutzgasen begleitete die Studierenden auf der gesamten Fahrt entlang dieser Fertigungsstraßen, auf denen die Roboter, die durch die leicht durchsichtigen Schweißerschutzvorhänge eher an Tänzer erinnern, die Bleche mit eleganten Bewegungen auf kleinstem Raum so positionieren, dass sie zuerst durch Heftpunkte miteinander verbunden werden. Am Ende der Fertigungsstraße werden die Heftpunkte zu einer perfekten Schweißnaht verbunden, die anschließend durch eine Ultraschallprüfung auf eventuelle Einschlüsse geprüft wird. Ist sowohl diese Prüfung als auch die optische Maßhaltigkeitsprüfung in Ordnung, wird die Rohkarosserie in die nächste Halle transportiert.

An jedem Haupteingang einer Produktionshalle wird man von einem Zitat oder Graffiti begrüßt, sodass die Techniker*innen beim Schriftzug „Jetzt wird’s bunt“ genau wussten, dass sie sich nur in der Nähe der Lackiererei befinden konnten. Dort wird die Karosserie vorbehandelt, mit einem Primer grundiert, mit dem vom Kunden gewählten Farblack versehen und anschließend mit Klarlack versiegelt. Leider ist die Lackiererei für Besucher nicht zugänglich, sodass man die Lackierroboter nur aus der Ferne erahnen konnte.

Die nächste und letzte Station des Besucherzugs war die Endmontage des Fiestas, in den alle Teile vom Motor bis hin zur vom Kunden zusammengestellten Innenausstattung montiert werden. Dazu werden die Türen der mittlerweile lackierten Karosserie entfernt und in ein Zwischenlager transportiert, damit die Mitarbeiter ergonomischer arbeiten können, ohne dass sie ständig um die Türen herumlaufen müssen oder sich quetschen könnten. Die Türen werden nach der Montage aller Teile und vor der abschließenden Qualitätskontrolle an genau dasselbe Fahrzeug montiert, um eventuelle Lackabweichungen auszuschließen. Die gesamte Endmontage ist von einem von Henry Ford 1913 eingeführten Prinzip geprägt, der Fließbandfertigung. Das Fahrzeug ist dabei ständig auf einem Fließband in Bewegung, an dem die Mitarbeiterteams oder Roboter an den jeweiligen Stationen auf die Durchführung ihres zugewiesenen Schrittes warten. Dabei wird zum Beispiel der Einbau der Scheinwerfer, der Dichtungen oder der gesamten Innenausstattung von menschlichem Personal, die „Hochzeit“, also der Einbau des Motors, des Getriebes und der Auspuffanlage in die Karosserie, noch automatisiert durch Roboter ausgeführt. Die Arbeit am Fließband lief entgegen der Erwartungen der Studierenden zwar getaktet, aber nicht gehetzt ab und war vor allem von sehr guter vorausgegangener Planung geprägt. Die einzelnen Arbeitsplätze sind sehr ergonomisch gestaltet, sodass die Mitarbeiter*innen keine langen Wege zurücklegen müssen. Außerdem werden ihnen bei unvorteilhaften Arbeiten, wie z.B. der Montage des Armaturenbretts, Arbeitshilfen wie der patentierte „Happy Seat“ zu Verfügung gestellt, mit dem die Mitarbeiter*innen sitzend in das Fahrzeug gehoben werden und der mit gleicher Geschwindigkeit wie das Fließband mitläuft. Zudem können sie entsprechend dem Konzept „just-in-time“ neues Material vom zentralen Marktplatz anfordern, damit nur dann die Rohstoffe zur Verfügung stehen, wenn sie wirklich benötigt werden. Zusätzlich erfolgt die Auslieferung „just-in-sequence“, also vorsortiert und in der richtigen Reihenfolge. Aufgrund dieser außergewöhnlich gut strukturierten Materialwirtschaft und Logistik wurden die Ford-Werke mit dem Lean Production Excellence Award ausgezeichnet.

Nach dem Einfüllen aller nötigen Flüssigkeiten wie Wischwasser, Bremsflüssigkeit oder Kraftstoff wird das Fahrzeug vom Transportgestell befreit und das erste Mal aus eigener Kraft durch eine*n Mitarbeiter*in zur Qualitätskontrolle bewegt. Dort werden zuerst alle Spaltmaße kontrolliert sowie eine Sichtprüfung des Fahrzeugs vorgenommen. Danach wird es in eine hell ausgeleuchtete Straße gefahren, die einer Waschstraße ähnelt, in der zuerst mögliche Lackschäden analysiert werden und der Fiesta dann durch Regen- und Windsimulation auf seine Dichtigkeit geprüft wird.

Bevor die Werksführung endete, wurden die Studierenden zum Schauplatz der letzten Prüfung gefahren, dem Fahrzeugtest des fertig produzierten Fiestas. Dieser wird mitten auf dem Parkplatz auf einer eigens dafür angelegten Teststrecke durchgeführt, auf dem alle Fiestas nach ihrer 13,5-stündigen Herstellung vom Blechrohteil zum fertigen Fahrzeug auf ihre Auslieferung zum Kunden warten.

Wir möchten uns im Namen aller Studierenden der anwesenden Teil- und Vollzeitklassen herzlich bei den Ford-Werken und bei unseren Lehrkräften Frau Röpke und Frau Fuhrmann-Niesen bedanken, die uns diese informative und lehrreiche Führung ermöglichten.

Sabrina Dax und Rabea Peter (MT18)