Seit 2011 existiert die Sozialpädagogische Lernwerkstatt in Raum 70 und hat sich als Fachraum für die Erzieher*innenausbildung etabliert. Seitdem entwickelt sich die Sozialpädagogische Lernwerkstatt mit dem Leitziel, handlungsorientierten Unterricht umzusetzen; d.h. neben den Lernorten Praxis, Loft, Klassenraum und dem häuslichen Schreibtisch eine vorbereitete Lernumgebung für die Theorie- und Praxis-Vernetzung im Rahmen der Erzieher*innenausbildung zu sein. Soziales Lernen mit Kopf, Herz und Hand gilt hier als pestallozische Devise für die Unterrichtsplanung der Lernwerkstattlehrerin. Alle Sozialformen werden dabei bedient. Der Unterricht ist dabei ritualisiert. Nach dem im Hinterraum stattfindenden Ablegen von Schuhen, Jacken sowie der persönlichen Organisation des Lernmaterials kommen die Studierenden zum Sitzkreis auf den Teppich. Der Sitzkreis, der mit Yoga-Kissen auf dem Teppich stattfindet, dient dem Zusammenkommen und dem Unterrichtseinstieg. Es folgt in der Regel eine Erarbeitungsphase, die sich häufig als Stationenlernen gestaltet. Dabei gibt es didaktisch reduziert in Orientierung an Thema und Materialschwerpunkt unterschiedliche Materialstationen oder aber ein ausgewähltes Material in ausreichender Menge; platziert an unterschiedlichen Orten der Teppiche. Die vorbereitete Umgebung kann dabei allein von der Lernwerkstattlehrerin oder partizipativ mit den Studierenden passieren.

Wichtig ist bei unbekannten Materialien, dass der Erarbeitungsphase eine Explorationsphase vorgeschaltet wird. Grund: Bei vielen Studierenden zeigen sich Entfremdungserscheinungen; kreative und explorative Prozesse im Umgang mit (Spiel)materialien müssen oft wiederentdeckt werden, da sie im Laufe der Biografie verschütt gegangen sind. Das innere Kind und damit der Spieltrieb sollen aktiviert werden. Denn was wären Erzieher*innen und sowieso Menschen, die nicht spielen können?

Der Subjektivierung bzw. den individuellen Spiel- und Arbeitserfahrungen mit dem Material folgt stets dem deduktiven Weg folgend der Perspektivwechsel; d.h. die kriteriengeleitete Erarbeitung, Auswertung und Reflexion auf didaktisch-methodischer Ebene. Darunter fallen Materialeigenschaften und die kriteriengeleitete Beurteilung ausgewählter Materialien, Kriterien zur Schaffung einer vorbereiteten Umgebung bezogen auf den Materialschwerpunkt, Kriterien zur Begleitung und Anleitung des Spiels / der Arbeit mit dem Material in der Rolle des Erziehers / der Erzieherin. Dazu dient der gemeinsame Sitzkreis ritualisiert den gemeinsamen Auswertungs-, Ergebnissicherungs- und Reflexionsprozessen. Wichtig: Ohne Anwendung und Übung kein nachhaltiges Lernen. Die Sozialpädagogische Lernwerkstatt lädt auf dieser Basis dazu ein, Erzieher*innenkompetenzen einzuüben. Das Rollenspiel ist dabei eine elementare Unterrichtsmethode, um sich durch praktische Übungen simulativ in eine pädagogische Berufswirklichkeit zu begeben. Während die einen in der Rolle der Kinder insbesondere ihr inneres Kind aktivieren, üben die anderen in der professionalisierten Rolle des Erziehers / der Erzieherin didaktisch-methodische Handlungskompetenzen im Rahmen der materialgestützten Begleitung und Anleitung von Spiel-/Arbeitsprozessen ein. Ziel des pädagogischen Doppeldeckers: Die Brücke vom trägen Wissen zum kompetenten Handeln erfolgreich zu gehen!

Die Sozialpädagogische Lernwerkstatt folgt also dem Prinzip der doppelten Vermittlungspraxis. Lernwerkstattbasierte Lernprozesse sollen berufliche Handlungskompetenzen zur Gestaltung pädagogischer Prozesse im Ausbildungsberuf entwickeln. Grundvoraussetzung dafür: Das Prinzip der Wertschätzung! Lernen basiert auf positiven Emotionen. Diese Einsicht setzt voraus, dass Studierende sich in vorbereitete, anregungsreiche, didaktisch-methodisch durchdachte, ästhetisch ansprechende und warme Räume von Lehrer*innen zum Lernen eingeladen fühlen. Die Sozialpädagogische Lernwerkstatt versucht dies seit 2011 konzeptionell umzusetzen – und mit ihr die Weiterentwicklung von der Lehrerin zur Lernwerkstattlehrerin.

Dem zugrunde liegt die Hoffnung, dass die Erzieher*innen nach abgeschlossener Ausbildung oder bestenfalls bereits im Rahmen ihres Berufspraktikums in die sozialpädagogischen Einrichtungen eilen, um dort selbst Lernwerkstätten zu errichten. Sich im Rahmen des individuellen Berufsprofils als Lernwerkstatt-Erzieher*in zu definieren, ist dabei ein anzustrebender Entwicklungsprozess. Lernwerkstätten haben sich als pädagogisches Prinzip in der sozialpädagogischen Fachliteratur etabliert; sind in der Praxis jedoch leider noch unterrepräsentiert. Wenn nur ein Teil unserer Studierenden sich selbst den Auftrag gibt, weitere Lernwerkstätten in den sozialpädagogischen Einrichtungen unseres Rhein-Sieg-Kreises und anderswo zu entwickeln, dann hat die doppelte Vermittlungspraxis ihren Job ordentlich erledigt.

Das gehört unter anderem mittlerweile zur Sozialpädagogischen Lernwerkstatt:

  • Ökologische Naturhaarteppiche, die analog zu den Arbeitsfeldern Kita und OGS zum Sockengang und zum natürlichen Sitzen einladen
  • 30 neue Yogakissen, die ein bequemes Sitzen auf dem Boden unterstützen
  • 5 wellenförmige Kindertische mit Kinderstühlen und Kinderbänken: Alternativ zum natürlichen Sitzen auf Teppichen gibt es Arbeiten, für welche ein Tischset sinnvoll ist
  • Glasschränke und Glasvitrinen, die transparente Einblicke in ein umfangreiches und anregungsreiches Materialkompendium geben. Die Schränke und Vitrinen laden zum Herausholen und Anfassen ein
  • Vor ein paar Jahren wurden zwei toll funktionierende Deckenheizungen eingebaut, so dass der Raum auch gut beheizt werden kann
  • Ein Angebot aus unterschiedlichen Ordnungs- und Aufbewahrungssystemen (Holzkisten, Flechtkörbe, transparente Kunststoffboxen, Einmachgläser, Holz-/Metall-/Korbtabletts)
  • Ein mit Bänken und Kleiderhaken ausgestatteter Bereich für Schuhe, Jacken und Taschen (Hinterraum und Flur zum Hinterraum)
  • Didaktische Materialien der Montessori-Pädagogik aus den 5 unterschiedlichen Bereichen
  • Aktionswannen und Aktionstabletts in Anlehnung an die Montessori-Pädagogik.
  • Froebelgaben
  • 10 Bildungskisten mit Bildungsmaterialien in Orientierung an den 10 Bildungsbereichen laut den Bildungsgrundsätzen NRW
  • Als Pendant zu didaktischen Materialien ein sehr umfangreiches Kompendium aus offenen Materialien; d.h. Alltagsmaterialien, wiederverwertbare Materialien, Naturmaterialien. Dabei gilt folgendes Ordnungs- und Aufbewahrungsprinzip: Ein Material wird in ausreichenden Mengen in einer transparenten Kiste oder einem Einmachglas präsentiert
  • Materialien in Anlehnung an die Reggio-Pädagogik: Sprechende Wände, Leuchttisch / Lichttisch, Spiegeltreppen, Bauspiegel, Spiegelwand
  • Eine Sammlung von Handpuppen, Fingerpuppen und Puppen für Puppenspiel / Theaterspiel / Fingerspiel / Handpuppenspiel
  • Kapla-Steine, Uhlbausteine, Duplosteine, eine Steinsammlung, unbehandelte Holzbausteine, u.v.m. zum Bauen und Konstruieren
  • Playmobilfiguren (Menschen und Tiere), Spielautos, Baufahrzeuge für das Symbolspiel, Rollenspiel und Konstruktionsspiel

I. Ebber